Die Fleischindustrie macht so viel Umsatz wie noch nie. Das Statistische Bundesamt veröffentlichte kürzlich die Zahlen für das erste Quartal 2020. Im Schlachterei- und Fleischverarbeitungsgewerbe konnte eine Umsatzsteigerung von 14,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr erzielt werden. Der März 2020 brach sogar einen Rekord: Mit 3,9 Milliarden Euro war es der umsatzstärkste Monat seit Beginn der Erhebungen. Doch im Zuge der Corona-Krise wurden auch einige Probleme in der Branche offenbart. Der Ausbruch des Virus bei Tönnies sorgte für einen regelrechten Skandal. Aber wie sehen die Probleme aus und welche Konsequenzen folgen nun?
Corona-Ausbruch in Tönnies-Fabrik
Mitte Juni erlangte die Tönnies-Fabrik in Rheda-Wiedenbrück Bekanntheit als Corona-Hotspot. Um die rund 7.000 Mitarbeiter der Fleischfabrik testen zu können, war die Hilfe der Bundeswehr nötig. Die Tagesschau berichtete zu diesem Zeitpunkt bereits von mehr als 800 Infizierten. Trotz Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens kam es immer wieder zu erneuten Ausbrüchen. Zuletzt berichtete der Focus von weiteren 30 infizierten Mitarbeitern. Aufgrund der Ausbrüche wurde die Bundesregierung auch auf die Arbeitsbedingungen in der Branche aufmerksam, welche als unverantwortlich auffielen. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Körperverletzung und Verstößen gegen das Infektionsschutzgesetz.
Folgen für die Fleischindustrie
Der Fleischskandal bei Tönnies hat Konsequenzen. Der Schlachterhof belieferte nahezu alle größeren Supermärkte. Darunter auch die großen Discounter Aldi und Lidl. Letzterer entfernt die Produkte des Lieferanten vorerst komplett aus dem Sortiment. Laut ntv allerdings notgedrungen, da der Betrieb aufgrund von Corona momentan seine Tore schließen muss. Grundsätzlich soll Tönnies ein Lieferant bleiben.
Konkurrent Aldi handhabt die Situation etwas anders. Der Westfälische Anzeiger berichtet, dass das Unternehmen nun mit einer neuen Marke punkten will. Unter dem Namen „Fair & Gut“ sollen verschiedene Kritikpunkte in Angriff genommen werden. Obwohl die Marke kein Bio-Siegel trägt, sollen die Tiere trotzdem unter besseren Bedingungen gehalten werden. Außerdem werden die regionalen Produkte umweltfreundlicher verpackt. Durch sogenannte „Flow-Packs“ wird 60 Prozent weniger Plastik aufgewendet.
Auch auf politischer Ebene wird der Corona-Ausbruch bei Tönnies Folgen haben. Die ausbeuterischen Zustände und unterdurchschnittlichen Arbeitsbedingungen, unter denen die Arbeitnehmer teilweise leiden müssen, sollen durch Gesetzesverschärfungen unterbunden werden. Unter anderem ist laut ntv das Verbot von Werkverträgen geplant. Auf Verbraucher könnte sich dies in Form von höheren Preisen für Billigfleischprodukte auswirken.
Der vegetarische Vormarsch
Obwohl die Fleischbranche dieses Jahr einen Rekordumsatz verbuchen konnte, erlebt auch die Gegenbewegung einen Boom. Die Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigen ganz klar: Fleischersatzprodukte landen in immer mehr Mägen. Die Produktion von vegetarischen Brotaufstrichen, Sojabratlingen, Tofu und Co. stieg im Vergleich zum Vorjahr um 37 Prozent an. Zwar ist der Produktionswert mit 272,8 Millionen Euro im Vergleich zu den 40,1 Milliarden Euro der Fleischbranche noch sehr gering, aber der Trend geht nach oben.
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